Taxigenehmigung und Steuerhinterziehung

Das VG Köln hat in einem Beschluss vom 15.06.2018 – 18 L 557/18 – den Widerruf der Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen bestätigt. Dem Taxiunternehmer wurde vorgeworfen, Steuern hinterzogen zu haben. Aus dem Bericht der Steuerfahndung ergab sich, dass Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten in großem Umfang nachhaltig über einen längeren Zeitraum verletzt worden sein sollten, Schichtzettel vernichtet, Umsätze verschwiegen und Löhne schwarz ausbezahlt worden sein sollten. Die Steuernachforderungen beliefen sich auf etwa 100.000 €. Ohne eine strafgerichtliche Verurteilung abzuwarten, hielt das Gericht den Widerruf der Genehmigung für rechtmäßig. Der Taxiunternehmer sei steuerlich unzuverlässig, so das Gericht.

Einbruch in Tierstall gerechtfertigt

Das OLG Naumburg hat in einem Urteil vom 22. Februar 2018 – 2 Rv 157/17 – den Freispruch für Tierrechtsaktivisten bestätigt, die in einen Schweinestall eingebrochen waren. Die Tierschützer hatten dort diverse schwere Verstöße gegen die Tierschutznutztierverordnung dokumentiert. Zuvor hatten sie die zuständigen Behörden kontaktiert und von den Missständen, von denen sie zuvor anderweitig Kenntnis erlangt hatten, informiert, ohne dass die Behörden dagegen einschritten.

Das OLG Naumburg sah unter diesen Umständen den Einbruch nach § 34 StGB als gerechtfertigt an im Interesse des Tierschutzes. Insbesondere kam als milderes Mittel nicht das Zuwarten auf das Einschreiten der Ordnungsbehörden in Betracht.

Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD aus dem Jahr 2018 ist vermerkt, dass gewollt sei „Einbrüche in Tierställe als Straftatbestand effektiv zu ahnden.“ Mit anderen Worten: Man will für Einbrüche in Tierställe das Strafgesetzbuch verschärfen. Angesichts von Fällen, wie ihn das OLG Naumburg zu entscheiden hatte, ist eine solche geplante Gesetzesverschärfung ein Hohn.

Hinterziehungszinsen verfassungswidrig?

Die Höhe der Nachzahlungszinsen bei Steuern ist in den letzten Jahren wegen der andauernden Niedrigzinsphase kritisiert worden. Die Zinsen betragen für jeden Monat 0,5 % (§ 238 Abs. 1 S. 1 AO). Das ergibt einen Jahreszinssatz von 6 %. Die Nachzahlungszinsen sollen einen Zinsvorteil des Steuerpflichtigen abschöpfen, den er dadurch hat, dass er fällige Steuern später zahlt. Einen Zinsvorteil in Höhe von 6 % hat der Steuerpflichtige in einer Niedrigzinsphase jedoch nicht, wenn Banken teilweise sogar einen Negativzins für angelegtes Kapital erheben. Der Bundesfinanzhof hat daher mit Beschluss vom 25.04.2018 – IX B 21/18 – entschieden, dass jedenfalls ab dem Veranlagungszeitraum 2015 verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Zinshöhe bestehen.

Die spannende Frage ist, ob entsprechendes auch für Hinterziehungszinsen gilt, die auf hinterzogenen Zinsen zu zahlen sind. Auch bei Hinterziehungszinsen ist anerkannt, dass sie nicht eine zusätzliche Strafe sind, sondern den Zinsvorteil abschöpfen sollen. Daher kann für Hinterziehungszinsen nichts anderes als für Nachzahlungszinsen gelten. Durch die Gerichte ist das allerdings bislang noch nicht entschieden.

Aber Achtung! Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist nur wirksam, wenn nicht nur die  hinterzogene Steuer, sondern auch die Hinterziehungszinsen und die Nachzahlungszinsen insoweit bezahlt werden (§ 371 Abs. 3 S. 1 AO). Eine Weigerung, Zinsen zu zahlen unter Hinweis auf die Verfassungswidrigkeit von Hinterziehungszinsen und Nachzahlungszinsen ist daher in diesen Fällen nicht zu empfehlen.

Kassen-Nachschau

Seit 01.01.2018 ist in der Abgabenordnung ein neuer § 146 b AO eingeführt, der durch einen Anwendungserlass näher erläutert ist (BMF vom 29.05.2018, IV A 4 – S 0316/13/10005 :054). Danach dürfen Amtsträger ohne Ankündigung zu den üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten Geschäftsräume betreten. Sie dürfen in diesem Zusammenhang insbesondere einen Kassensturz und die Daten der Registrierkasse verlangen. Kommt es zu Beanstandungen darf ohne vorherige Prüfungsanordnung zu einer Außenprüfung übergegangen werden. Wer Pflichten im Rahmen der Kassennachschau verletzt, muss damit rechnen, dass er schon deshalb von der Finanzverwaltung geschätzt werden kann.

Steuerhinterziehung und Verjährung in Erbfällen

Es kommt nicht selten vor, dass Erben feststellen, dass der Erblasser unvollständige Steuererklärungen abgegeben hat. Am häufigsten sind in der Praxis die Fälle, in denen Kapitaleinkünfte aus dem Ausland verheimlicht worden sind. Die Erben sind nunmehr ihrerseits verpflichtet, die verschwiegenen Kapitaleinkünfte des Erblassers nachträglich zu erklären (vgl. § 153 Abs. 1 S. 2 AO). Unterlassen sie das, begehen sie eine Steuerhinterziehung. Das hat nicht nur strafrechtliche Konsequenzen, sondern führt auch steuerlich dazu, dass sich die Festsetzungsfrist für die hinterzogene Steuer auf zehn Jahr verlängert (§ 169 Abs. 2 S. 2 AO).

Der Bundesfinanzhof hat in einem Urteil vom 29.08.2017 – VIII R 32/15 – entschieden, dass diese verlängerte zehnjährige Festsetzungsfrist nicht nur für den Erben gilt, der im vorgenannten Sinne Steuern hinterzogen hat, sondern auch für einen gutgläubigen Miterben.

Das führte dazu, dass im Streitfall gegen einen gutgläubigen Miterben, der also niemals wusste, dass Kapitaleinkünfte unvollständig durch den Erben angegeben worden waren, noch im Jahre 2007 Steuern für den Zeitraum 1995 vom Finanzamt nachgefordert werden konnten! Die Steuererklärungen waren für das Jahr 1995 im Jahr 1997 abgegeben worden, sodass im Jahr 2007 die zehnjährige Verjährung noch nicht abgelaufen war.

Geschwindigkeitsüberschreitung und Vorsatz

Wer im Straßenverkehr mit einem Fahrzeug die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet, kann die Höhe der Geldbuße aus dem Bußgeldkatalog entnehmen. Die dort angegebenen Regelbußen beziehen sich allerdings auf fahrlässige Verstöße. Wird ein vorsätzlicher Geschwindigkeitsverstoß angenommen wird die Regelbuße verdoppelt (§ 3 Abs. 4 a BKatV).

Nicht selten kommt es vor, dass gegen einen Bußgeldbescheid wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung Einspruch vom Betroffenen eingelegt wird. Im Bußgeldbescheid ist die Regelbuße festgesetzt, wobei ein fahrlässiger Verstoß zu Grunde gelegt ist.

Das Gericht regt sodann die Rücknahme des Einspruchs an, weil auch ein vorsätzlicher Verstoß in Betracht komme und mithin eine deutlich höhere Geldbuße drohe. Dieser Hinweis ist besonders ernst zu nehmen, wenn eine Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 40 % vorliegt. Viele Obergerichte sehen eine solche Geschwindigkeitsüberschreitung als ein Indiz für vorsätzliches Handeln an (so zuletzt auch OLG Zweibrücken, Beschluss vom 24.11.2017 – 1 Owi 2 Ss Bs 87/17).

Wichtig ist allerdings, dass die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung allenfalls ein Indiz für vorsätzliches Handeln ist. Außerdem muss dem Betroffenen die Beschränkung der Geschwindigkeit als solcher überhaupt bewusst gewesen sein (OLG Bamberg, Beschluss vom 26. April 2013 – 2 Ss OWi 349/13 –). Auf Autobahnen ist das nicht selbstverständlich.

Strohgesellschaften und Umsatzsteuerbetrug

Der Bundesgerichtshof hatte in einem Beschluss vom 23.08.2017 – 1 STR 33/17 – in einem Fall zu entscheiden, in dem eine Strohgesellschaft in einen Umsatzsteuerbetrug eingebunden war. Die Angeklagten hatten sich der Strohgesellschaft bedient, um Zwischengeschäfte vorzutäuschen, die nötig waren, um den Umsatzsteuerbetrug umzusetzen. Die Angeklagten hatten nach innen Leitungsmacht in der Strohgesellschaft. Nach außen sind sie jedoch niemals für die Strohgesellschaft aufgetreten. Es ging ihnen gerade darum, mit dieser Gesellschaft nicht in Verbindung gebracht werden. Die Strohgesellschaft hatte keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und das Landgericht hatte die Angeklagten deshalb wegen Umsatzsteuerhinterziehung verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat diese Verurteilung aufgehoben. Richtig sei zwar, dass die Strohgesellschaft umsatzsteuerlich als Leistender anzusehen war und mithin Umsatzsteuer schuldete. Da die Angeklagten aber nach außen nicht für die Strohgesellschaft aufgetreten seien, seien sie auch nicht verpflichtet gewesen deren Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben.

Bei Umsatzsteuerbetrügereien spielen Strohgesellschaften häufig als sog. „Missing Trader“ eine erhebliche Rolle. Oft sind auch gutgläubige Unternehmen in die Absatzketten eingebunden, so dass für die Hintermänner ein Interesse daran besteht, nach außen für eine Strohgesellschaft nicht aufzutreten.

Diese Entscheidung dürfte die Verfolgung von Hintermännern bei Umsatzsteuerbetrügereien erschweren und bietet für die Verteidigung in solchen Verfahren interessante Ansätze.

Vollstreckungsaufschub

Das Gesetz unterscheidet zwischen dem unbefristeten und dem vorübergehenden Aufschub bei der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe. Der unbefristete Aufschub der Vollstreckung kommt in der Praxis selten vor, weil das Gesetz daran hohe Anforderungen stellt. Etwa bei einer schweren Erkrankung muss von der Vollstreckung eine Lebensgefahr ausgehen (vgl. § 455 Abs. 2 StPO). In aller Regel lehnen die Staatsanwaltschaften diese Voraussetzung ab, weil sie behaupten, in der Strafanstalt sei eine angemessene medizinische Versorgung gewährleistet.

Größere Erfolgsaussicht in der Praxis haben Anträge auf einen vorübergehenden Vollstreckungsaufschub. Die Vollstreckung kann für längstens vier Monate aufgeschoben werden, wenn durch die sofortige Vollstreckung dem Verurteilten oder seiner Familie erhebliche Nachteile erwachsen. Als Nachteil gilt natürlich nicht die Freiheitsentziehung als solche (vgl. § 456 StPO). Geschenkt bekommt man den vorübergehenden Vollstreckungsaufschub also auch nicht, aber ein gut begründeter Antrag, der die Nachteile glaubhaft darlegt, hat oft Erfolg. Klassisches Beispiele: Der selbständige Verurteilte muss einen Vertreter in seinen Geschäftsbetrieb einarbeiten. Eine Ausbildung muss zu Ende geführt werden.

Aussagen von Polizeibeamten

An Aussagen von Polizeibeamten ist zunächst einmal problematisch, dass sie häufig keine echten Erinnerungen haben. Es kommt oft die Aussage: „Wenn ich das damals so aufgeschrieben habe, dann hat es sich auch so zugetragen.“ Wichtig ist, dass der Verteidiger bei solchen Aussagen abklärt, ob der Polizeibeamte, obwohl er sich an den Vorgang nicht mehr erinnert, die volle Verantwortung für den Inhalt seiner schriftlichen Angaben übernimmt (vgl. OLG Düsseldorf DAR 1999, 274). Dabei ist erstens von Bedeutung, ob es lebensnah ist, dass sich der Polizeibeamte nicht mehr an den Vorgang erinnert. Bei einem Mordfall ist das eher unwahrscheinlich im Gegensatz zu einer Geschwindigkeitsüberschreitung im Straßenverkehr. Zweitens ist insoweit herauszuarbeiten, dass auch die Möglichkeit eines Irrtums besteht.

Gerichte unterstellen Polizeibeamten häufig zu leichtfertig, sie würden Wahres vortragen, weil sie nicht ihren Job gefährden wollen durch falsche Aussagen. Besonders ärgerlich sind Formulierungen im Urteil, wonach die Verurteilung auf den glaubhaften Angaben eines Polizeibeamten XY beruht, der gerichtsbekannt besonders zuverlässig und gewissenhaft ist. Das Gericht kann allenfalls vortragen, dass es einem bestimmten Polizeizeugen ständig glaubt. Ob der Zeuge zuverlässig und gewissenhaft ist, weiß das Gericht nicht. Richtig ist demgegenüber, die Aussagen von Polizeibeamten nach den gleichen Maßstäben auf Wahrheit zu analysieren wie es bei anderen Zeugen geschieht.

Schließlich kommt es häufig vor, dass Polizeibeamte vor Hauptverhandlungen ihre Anzeigen durchlesen. Der Polizeizeuge betet sodann gleichsam nur das herunter, was bereits aufgeschrieben worden ist. Es wird behauptet, es bestehe eine Erinnerung, aber jede Nachfrage, die zu ergänzenden Angaben führen könnte, wird mit mangelnder Erinnerung beantwortet. Der Polizeibeamte will sich also nur an genau das erinnern, was er damals aufgeschrieben hat. Für einen Verteidiger ist es wichtig, diesen Umstand herauszuarbeiten. Auch insoweit ist es wichtig dem Gericht vor Augen zu führen, dass Aussagen von Polizeibeamten genauso auf ihren Wahrheitsgehalt und ihre Irrtumsfreiheit zu überprüfen sind wie Angaben anderer Zeugen.

Es mag zwar sein, dass ein Polizeibeamter regelmäßig nicht lügen wird, aber die Praxis zeigt, dass Irrtümer auch bei Polizeizeugen weit verbreitet sind.

Gebührenunterschreitung und Bestechlichkeit bei Notaren

Ein Notar ist Amtsträger. Er kann daher bestochen werden bzw. sich der Bestechlichkeit schuldig machen (vgl. §§ 332 und 334 StGB). Der Bundesgerichtshof hatte am 22.03.2018 – 5 StR 566/17 – über einen Notar zu urteilen, der mit einem Immobilienkaufmann vereinbart haben sollte, dass er ihn bevorzugt mit Beurkundungen beauftragen werde, wenn er unterhalb der gesetzlichen Gebühren abrechne. Klar ist, dass eine solche Vereinbarung gegen die Bundesnotarordnung verstößt (siehe § 17 Abs. S. 1 BNotO). Für den Bundesgerichtshof erfüllt eine solche Vereinbarung jedoch überdies die Straftatbestände der Bestechung bzw. Bestechlichkeit. Der Bundesgerichtshof ist der Auffassung, dass nicht nur die Beurkundung, sondern auch die Erhebung der gesetzlichen Gebühren eine Diensthandlung sei. Das Gericht gibt weiter an, dass dem Notar mit einer solchen Vereinbarung auch ein Vorteil versprochen werde, obwohl der Notar zu geringeren (!) Gebühren abrechnet. Ein zugewendeter Vorteil im Sinne der Bestechungsdelikte könne auch die Erteilung eines Beurkundungsauftrages sein und die Vereinbarung werde getroffen, um künftige Beurkundungsaufträge zu erlangen, die ohne die Gebührenunterschreitung am Notar vorbeigingen